Überall Theater - zu Gast im Figurentheater Osnabrück

Etwas versteckt in der Osnabrücker Altstadt befindet sich das Figurentheater Osnabrück - Die alte Fuhrhalterei.
Ein wunderschönes, altes, denkmalgeschütztes Gebäude in Steinwerk- und Fachwerkbauweise aus dem 16. Jahrhundert mit kleinen Fenstern und vielen verwinkelten Ecken, so dass allein das Gebäude schon die Fantasie anregt und selbst eine Geschichte ist. Früher wurden hier Kutschpferde versorgt, aber seit 1989 dient das Gebäude als Spielstätte für das Figurentheater. Dabei wurde das Gebäude umgesetzt, denn es stand zunächst an einem anderen Ort, am Kamp.
Viele kennen sicherlich die „Krise mit Luise“ oder auch die „Knolle“-Stücke, die sich eher an das jüngere Publikum wenden. Viele Kinder haben hier wohl ihre ersten Theatererfahrungen gemacht und schöne Erinnerungen an den ersten Theaterbesuch.
Immer schon gab es neben dem umfangreichen Kinderprogramm auch Abendvorstellungen, und das ist bis heute so geblieben.
Im Jahr 2018 gab es einen Wechsel in der Theaterleitung und damit verbunden einige Neuerungen.
Florian Rzepkowski übernahm zunächst allein die Geschicke, seit August 2022 ist die Theaterleitung ein Tandem, zusammen mit Rona Ludin haben sie bereits Erstaunliches auf die Beine gestellt.

Rona Ludin hat uns zu einem Interview in den schönen Räumen empfangen und sie erzählt uns, wie sie das Figurentheater neu aufstellen und was bisher schon passiert ist. Das fängt bei der Bestuhlung des Zuschauerraums an und hört bei der Installation des BIOMs* noch lange nicht auf. Das Figurentheater erfindet sich gerade auch ein wenig neu, ohne jedoch Altbewährtes aufzugeben.
Die Schauspieler, die das Theater bespielen, kommen von überall her und verweilen dann für einige Zeit in Osnabrück. Der Spielplan wird zweimal jährlich herausgegeben, von Januar bis Juni/Juli und dann von August bis Dezember.
Die Aufteilung des Programm hat die Theaterleitung in diesem Jahr unter das Motto Natur – Mensch –Technik gestellt und zu diesen Oberbegriffen entsprechend ihren Spielplan entwickelt.
Vor uns liegt ab August die Spielzeit Technik.
In der Natur-Spielzeit ist das BIOM entstanden, eine Besonderheit, die weit über die Grenzen des Figurentheaters hinausstrahlt, denn es ist ein Garten-Theater entstanden, in dem die Pflanzen die ProtagonistInnen sind und ihrer eigenen Regie folgen.
Das BIOM entstand in Zusammenarbeit mit dem K.A.F.F., einem Kulturverein, an dessen Areal am Osnabrücker Hafen auch das BIOM entstanden ist. Ein bunter Theatergarten wurde aufgebaut, Pflanzen wurden gesetzt und ihre Entwicklung wird weiter beobachtet; man kann erkennen, wie die Pflanzen miteinander zu kommunizieren scheinen. Wer entwickelt sich prächtig, wer verkümmert und wer oder was drängt sich möglicherweise auch dazwischen?
All diese spannenden Betrachtungen sind jederzeit möglich im BIOM:Freiraum am Speicher am Osnabrücker Hafen. Auch eine Zuschauertribüne wurde hier errichtet und hier lässt es sich ganz wunderbar die Zeit genießen in einer Atmosphäre zwischen Industrie, Arbeit, Kreativität und Entspannung – eine Verbindung von gestern und heute, von urban und grün.
Das BIOM lädt ein, einfach mal vorbei zuschauen und zu verweilen. Der Eintritt ist frei und freiwillige Helfer, die mithelfen und den Pflanzen Gutes tun wollen, sind herzlich willkommen.

Viele der Schauspielgruppen treten regelmäßig im Figurentheater auf, wie etwa das Theater Fundulus (Die Geschichte vom blauen und vom gelben Meer) oder auch Lieko Schulze (Bauklötze staunen), die einige Theaterstücke für Menschen ab 2 Jahren kreiert hat, so dass es hier bereits für die Jüngsten einiges zu staunen, zu sehen und zu erleben gibt.
Wobei, so sagt Rona Ludin, hier niemand von den 2jährigen erwartet, dass sie die ganze Zeit still sitzen. Theater entwickelt sich zu einem Raum der Begegnung und des Begreifens und dieses Ideal wird auch bei den Erwachsenenstücken umgesetzt. Es darf auch angefasst werden (teilweise) oder oder man isst am Ende der Vorstellung das darstellende Brot einfach auf ...
Dann gibt es eine Schauspielerin, die im Anschluss an die Aufführung Anrufe der ZuschauerInnen entgegen nimmt, um sich mit ihnen über das Stück austauschen.
Mehr Theater geht eigentlich nicht – aber davon darf sich demnächst jeder selbst überzeugen und einfach eine Vorstellung im Figurentheater besuchen.
Eine Gelegenheit gibt es bereits am 19. August ab 15.00 Uhr, denn an diesem Tag findet das Sommerfest des Figurentheaters im BIOM statt und der Eintritt ist frei. Es gibt Theater, Musik und Tanz und für das leibliche Wohl wird auch gesorgt (bei freiwilliger Spende).

Den Namen Punch Agathe hat man vielleicht schon mal gehört. Dass sie durch die Initiative des Figurentheaters nach Osnabrück kam, ist sicherlich nicht so bekannt. Mit der riesigen Marionette Punch Agathe (die größte Puppe der Welt) und ihrer Show wurde die diesjährige Feier anlässlich des 375 jährigen Westfälischen Friedens eröffnet. Sie bringt den Frieden und hat das Schwert Herrmanns vom Herrmannsdenkmal gestohlen. Keine leichte Aufgabe, den Frieden zu bringen in eine Welt, auf der gerade mehrere Kriege herrschen.
Der Auftritt von Punch Agathe sorgte auch für ein wenig Verwirrung, denn nicht jeder konnte ihre Absicht sofort erkennen. Sie will den Frieden wiederbeleben. Mit dieser Mission reist sie um die Welt und wird dabei von vielen Helfern begleitet. Mit Hilfe des Figurentheaters fand sie ihren Weg nach Osnabrück.
Ein spannender Einblick hinter die Kulissen eines Theaters, das weit mehr kann als nur eine Figur am Faden tanzen zu lassen.
Letztlich ist „Überall Theater“.

Für weitere Informationen:
www.figurentheater-osnabrueck.de
www.kaff-os.de

*BIOM = Garten Theater in Kooperation mit dem K.A.F.F. aufgebaut am Speicher, Nähe Hafen Osnabrück – Anschrift: Am Speicher 3a · 49090 Osnabrück